Wundmanagement
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Die moderne Wundbehandlung in der Schweiz und darüber hinaus
Der menschliche Körper kann Unglaubliches leisten. Vor allem, wenn wir erkranken oder uns verletzt haben, läuft er zur Höchstform auf. So hilft er uns, schnell wieder auf die Beine zu kommen. Doch das gelingt ihm nur bis zu einem gewissen Punkt allein. In manchen Fällen benötigt er Unterstützung: Den neuesten Stand zur Wundbehandlung in der Schweiz erfahren Sie bei uns.
Eingeleitet wurde das “moderne Wundmanagement” im deutschsprachigen Raum um 1985 mit der Einführung des Hydrokolloidverbandes (Strategie der feuchten Wundbehandlung, vor allem auf flächigen Wunden, welche selbst zuheilen sollten, -> sekundäre Wundheilung).
Vorausgegangen waren die Forschungen von Dr. George D. Winter (1927-1981). Der in Grossbritannien geborene Pionier der feuchten Wundheilung.
Was genau bedeutet eine moderne Wundbehandlung?
Unser Körper verfügt über wertvolle Selbstheilungskräfte. Reichen diese nicht aus, um Wunden zu heilen, leistet die moderne Wundbehandlung Hilfe. Zu diesem Zweck kommen feucht haltende Verbandstoffe zum Einsatz, die die natürliche Heilung fördern und gleichzeitig die Narbenbildung reduzieren können.
Vor allem bei chronischen Wunden sind sie oft das Mittel der Wahl. Die moderne Wundbehandlung ermöglicht eine indikations- und phasengerechte Versorgung und stellt somit besonders gute Heilungschancen in Aussicht, unter der Voraussetzung, dass die ärztliche Diagnostik und Anamnestik zeitnah und umfassend durchgeführt wird. Darauf aufbauend und unter Berücksichtigung der Behandlung der Grundursachen, sind die Chancen für einen erfolgreichen Wundverschluss heutzutage hoch.
Dies setzt allerdings voraussetzt, dass die an der Behandlung beteiligten Fachbereiche (Arzt, Pflege, Physiotherapie, Ernährung, Innere Medizin, Dermatologie etc.) eng im Sinne des Patienten: in zusammenarbeiten (transsektoral - intradisziplinär - interdisziplinär).
So erfolgt die phasengerechte Wundbehandlung
In der ersten Phase, der sogenannten Entzündungs- oder Reinigungsphase, steht das Säubern der Wunde im Vordergrund. Verschmutzungen, Bakterien und abgestorbene Hautzellen werden hinausbefördert. Deshalb ist an dieser Stelle ein Wundverband gefragt, der saugfähig ist, um all das aufzunehmen. Dabei darf er aber keinesfalls zu viel Flüssigkeit aufsaugen, damit die Wunde nicht austrocknet.
Es schliesst sich die Granulationsphase an, in der die Haut neues Gewebe bildet. Zunächst baut der Körper Bindegewebe auf. Die Wunde zieht sich dann zusammen und wird sichtlich kleiner. Hier ist ein feuchtes Klima, insbesondere bei flächigen Wunden, besonders wichtig, denn nur dann können rasch neue Zellen entstehen und sich im Wundbereich aktiv ausbreiten.
Den Abschluss bildet die Wiederaufbauphase, in der sich die Wunde vollständig schliesst. Die Haut verlangt dann nicht nur Feuchtigkeit vom modernen Wundverband, sondern auch guten Schutz vor äusseren Einwirkungen.
Welche Möglichkeiten zur modernen Wundbehandlung in der gibt es?
Mittlerweile gibt es zahlreiche Produkte für die moderne Wundbehandlung. Dazu gehören unter anderem:
Einige wenige prominente Beispiele:
- Alginate
- Antiseptika
- Hydrokolloide
- Hydrogele
- moderne Wundspüllösungen
- silberhaltige Wundauflagen
- Tissue Engeneering
- ...
Beispiel Alginat
Alginate bestehen aus Calzium-Alginat-Fasern, Calzium-Natrium Alginatfasern und beinhalten Alginsäure aus Braunalgen. Treten Blut und Flüssigkeit aus der Wunde aus, verwandelt sich das Alginat in ein wasserabsorbierendes Gel. Es schliesst all die Flüssigkeiten, abgestorbenen Zellen und Bakterien sicher ein. Nebenbei sind Alginate natürliche blutstillende Wundmittel und bilden, je länger sie auf der Wunde in einem feucht-nassen Milieu verweilen, einen leicht sauren ph-Wert (hemmt Bakterien). Sie sind hervorragende Drainagemittel in der Wunde. Damit eignen sich Alginate vor allem für tiefe und nässende Wunden, sowie bei fibrinös belegten Wunden zur Wundreinigung (im feucht-nassen Milieu). Die Bindungskapazität von Flüssigkeiten ist bescheiden. Das spielt hierbei eine untergeordnete Rolle, denn die zuvor beschrieben Eigenschaften sind deutlich wertvoller für diesen Einsatz. Das Exsudatmanagement wird durch die Wundabdeckung gelenkt (Kompressen, Absorber, Superabsorber, Schaumstoffverbände usw.).
Beispiel Antiseptika
Ein Antiseptikum ist ein chemischer Stoff, der in der Medizin eingesetzt wird, um eine Wundinfektion und in weiterer Folge eine Sepsis zu verhindern oder lokal zu behandeln.
Anforderungen an moderne Wundantiseptika sind:
- möglichst breites Wirkungsspektrum
- geringe Inaktivierbarkeit durch organische Substanzen (Eiweiss, Eiter, Blut, ...)
- gute Gewebeverträglichkeit
- geringen allergisierenden Potenzial
- möglichst geringe systemische Toxizität
- Wirkspektrum sollte sein: bakterizid, bakteriostatisch, fungizid und fungistatisch
Im deutschsprachigen Europa sind dies besonders jodhaltige Präparate und Octenidindihydrochlorid haltige Präparate.
Beispiel Hydrokolloid
Ein Hydrokolloidverband besteht aus einer in eine Folie oder einem Verband eingelagerten Matrix, welche Geliermittel, z.B. Cellulosen und weitere Hilfsstoffe enthält. In Verbindung mit dem Wundsekret bildet sich ein Gel, welches für ein feuchtwarmes Wundmilieu sorgt und eine feuchte Wundbehandlung ermöglicht. Hydrokolloide gelten als Mittel der Wahl bei nicht bis leicht exsudierenden Wunden (Exsudat 0-1 nach G.Kammerlander), insbesondere in der Epithelisierungsphase. Er wird auch erfolgreich im Zusammenhang mit hypertrophen Narben in Kombination mit lokal aufgebrachten Cortison verwendet (2-3 Verbandszyklen von 2 bis 3 Tage. Tragende Dauer pro Applikation.
Unter dem Hydrokolloidverband herrscht ein Sauerstoffmangel, wodurch ein saures Milieu entsteht (Azidose). Dieses Milieu, verbunden mit Feuchtigkeit und Wärme, sorgt für ein Andauern und Auflösen von Fibrinbelägen und fördert insgesamt die Neubildung von Blutgefässen. Zusätzlich wird die Durchblutung in den feinen Kapillaren verbessert und es bildet sich ein leichtes antimikrobielles Milieu und unterstützt insbesondere sehr aktiv den Epithelisierungsprozess einer Wunde (finaler Wundverschluss).
Beispiel Hydrogel
Auch Hydrogele (wasserreiche Gele für die Wunde) können im Rahmen der modernen Wundversorgung zum Einsatz kommen, speziell dann, wenn die Wunde zu wenig Wundexsudat bildet und dadurch Reinigungsgut Wundheilungsvorgänge unterstützt werden. Je nachdem, welche Indikation vorliegt, können sie verschiedene Wirkstoffe enthalten, um die Heilung bestmöglich zu unterstützen, wie zum Beispiel:
- Neutral bedeutet: ohne weitere Wirkstoffe (Vorteil: sie sind sehr gut verträglich; Nachteil: ausser Rückfeuchtung haben sie keine weiteren direkten Wirkmechanismen und müssen nach dem Öffnen verbraucht oder der Rest entsorgt werden (Enmalartikel).
- Moderne Hydrogele: Sie haben neben dem ausgeprägten Rückfeuchtungscharakter zusätzliche Wirkungen wie zum Beispiel: antibakteriell, antimykotisch, teilweise antiviral, teilweise auch gegen unangenehme Wundgerüche, teilweise auch gegen Entzündungszeichen im Haut-/Schleimhautniveau Bereich. Zudem können diese Gele je nach Type und Firma 6 Wochen bis drei Monate nach dem Anbruch am selben Patienten weiterverwendet werden. Insofern lohnt es sich bei diesen modernen Wundgelen unbedingt genau hinzuschauen, aus welchen Grundlagen sie bestehen und welche Wirkungsbreite sie insgesamt entfalten können.
Beispiel moderne Wundspüllösung
Hier gibt es, wie bei den Hydrogelen, zwei grundsätzlich unterschiedliche Gruppen:
a) neutrale Wundspüllösungen (bspw. NaCl 0,9 %, Ringerlösung)
b) wirkstoffhaltige Wundspüllösung
Je nach Wundsituation werden die Wundspüllösungen sorgfältig ausgesucht und dienen bei jedem Verbandswechsel von sekundär heilenden Wunden im Regelfall als optimale Vorbereitungsphase für die nächsten Verbandstoffe und zugleich bieten sie eine optimale Wund- und Wundumgebungsreinigung mit allen ihren zusätzlichen Vorteilen:
- Verminderung von Auflagerungen auf der Wunde und an der Wundumgebung
- Reduktion von Entzündungs- und gegebenenfalls Infektzeichen
- Reduktion von unangenehmen Wundgerüchen
- für Minderungen von Keimen diverser Art auf Wunde und Wundumgebung
Auch hier gilt:
Achten Sie genau auf die Grundprobleme, erst dann entscheiden Sie, ob eine neutrale oder moderne Wundspüllösungen einsetzen wollen.
Beispiel silberhaltige Wundauflagen
Geht es darum, Wundinfektionen vorzubeugen oder bereits infizierte Wunden zu versorgen, können silberhaltige Wundauflagen nützlich sein. Silber hat eine antimikrobielle Wirkung. Die positiv geladenen Teilchen, die es beinhaltet, binden sich an Krankheitserreger, stören deren Funktion und behindern ihre Zellteilung. Mit silberhaltigen Wundauflagen lässt sich die Keimbelastung also erheblich reduzieren.
Grundsätzlich unterschieden werden muss, ob es sich um Silberpartikelfreisetzer handelt oder um reine Silberionenfreisetzer handelt.
Silberpartikelfreisetzer (Silberteilchen) sollen im Regelfall unter einer Woche eingesetzt werden und können nach Visitierung unbewusster Verlängerung gegebenenfalls um eine weitere Woche verlängert werden. Längere Anwendungszeiten sind bei diesen Produkten im Regelfall ausgeschlossen, ausser es handelt sich um ganz spezielle Situation, welche nach ärztlicher Begutachtung und Entscheidung eine Verlängerung bei dieser Art von Produkten als sinnvoll erachtet wird.
Silberionenfreisetzer sind deutlich milder in der Wirkung an der Oberfläche, jedoch im Bedarfsfall können diese auch bei komplexen Patienten wochenweise verlängert werden.
Beispiel NPWT (Unterdrucktherapie/Vakuumtherapie)
Das therapeutische Verfahren der NPWT wurde Anfang der Neunzigerjahre im deutschsprachigen Raum eingeführt, seinerzeit vom Marktlieder KCI (gehört heute zu 3M). Unterdruck-Wundtherapie (NPWT) ist ein weit gefasster Begriff, unter welchem die Optimierung der Wundheilung durch Anwendung von Unterdruck verwendet wird und um entzündliches Exsudat zu reduzieren und Granulationsgewebe zu fördern. Es kann zur Behandlung akuter und chronischer Wunden eingesetzt werden, von offenen Fasziotomiewunden und diabetischen Fussgeschwüren bis hin zu Nachversorgungen nach chirurgischen Eingriffen. Sie stellt im klinischen und ambulanten Bereich ein herausragendes unterstützendes Therapieverfahren dar, welches im Regelfall von spezialisierten Ärzten und Pflegenden eingesetzt wird.
Beispiel modernes Tissue Engineering
In diesem Zusammenhang handelt es sich um hochmoderne Hautersatzverfahren mit körpereigenem oder körperfremden Gewebe. Je nach Land (Beispiel Österreich, Deutschland, Schweiz) gibt es unterschiedliche Ansätze, wer solche Verfahren durchführen darf und ob die Krankenkasse überhaupt oder unter speziellen Bedingungen für diese Kosten aufkommen wird. Am besten organisiert ist hierbei derzeit die Schweiz, wo solche Verfahren nicht nur im klinischen, sondern auch im fachärztlich ambulanten Bereich eingesetzt werden können, durch speziell zertifizierte und in einer Datenbank erfasste Fachärzte: innen.
Diese oben dargestellten Beispiele decken nur einen kleinen Teil der tatsächlichen heutigen Möglichkeiten im modernen Wundmanagement ab. Sie sind deshalb als exemplarische Beispiele zu verstehen.
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Als ältestes unabhängiges Bildungsunternehmen zum Thema Wundmanagement im deutschsprachigen Raum bieten wir Ihnen seit 1992 verschiedene Fort- und Weiterbildungsmassnahmen in diesem Bereich an. Nicht nur Ärztinnen, Ärzte und Pflegepersonal sind bei uns willkommen. Wir öffnen unsere Türen für alle Interessierten aus der DACH-Region und darüber hinaus. Wir haben nicht nur praxisorientierte Bildungskonzepte entwickelt für den Bereich des interdisziplinären Wundmanagements, sondern haben darüber hinaus auch ambulante und klinisch zertifizierte Wundbehandlungskonzepte entwickelt und implementiert.
Gern bieten wir Ihnen als in der Wundbehandlung tätigen Personen auch eine umfassende Beratung. Das Teilen von Wissen und die Förderung des Bewusstseins für Wundbehandlungsmassnahmen sind uns ein wichtiges Anliegen. Deshalb unterstützen wir die wissenschaftliche Forschung auf diesem Gebiet und setzen uns für Standardisierungsprozesse im klinischen und ambulanten Bereich ein.
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